Regierungsfraktionen beraten und entscheiden über künftige Polizeistruktur
DPolG fordert die Fachlichkeit zu berücksichtigen
Am Dienstag (20. Juni) beraten die Regierungsfraktionen über den Abschlussbericht zur Evaluation der Polizeireform (EVA Pol). Bereits tags darauf soll in der Koalition eine Festlegung zum künftigen Modell fallen. Insbesondere die anfallenden Kosten scheinen derzeit die Debatten zu lenken.
Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Ralf Kusterer, mahnt in dieser Phase, den Fokus unbedingt auf die Fachlichkeit zu lenken. „Es geht um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg. Das muss nicht nur vor dem Hintergrund der aktuellen Sicherheitslage Priorität Nummer Eins haben“, so Kusterer.
Natürlich müsse das Ganze auch finanzierbar sein. Bedenken hinsichtlich einer „Kostenexplosion“ kommen vor allem aus den Reihen der Opposition. Bei aller Diskussion um mögliche Kosten müsse aber klar zwischen reformbedingten Kosten und anderen Kosten unterschieden werden. Eine Stärkung der operativen Basis durch eine personelle Verstärkung oder manche längst überfällige Bauvorhaben hätten nichts mit der Reform zu tun. Andere unerwünschte Mehrkosten ließen sich möglicherweise durch eine zeitlich abgestimmte oder spätere Umsetzung vermeiden. Beispielsweise bliebe durch eine stufenweise Umsetzung der Korrekturen auch der eine oder andere Interimsbau erspart. „Da muss man sehr genau hinsehen, um zu erkennen, was tatsächlich notwendiges Korrektiv der Gall`schen Polizeireform ist und was bei dieser Gelegenheit nachträglich zu den Ergebnissen der EVA Pol aufgerechnet wurde“, sagte Kusterer. Er geht davon aus, dass nicht alle Maßnahmen reformbedingt sind, sondern beispielsweise auch einer besseren baulichen Ausstattung der Polizei dienen und die tatsächlichen Reformkosten niedriger liegen.
Zu weit, so Kusterer weiter, dürfe man sich angesichts der kursierenden Zahlen nicht von den Ergebnissen der EVA Pol entfernen. Das Projektteam habe eine sehr gute Arbeit geleistet. Die Beteiligung der Beschäftigten in der Polizei sei so beispielhaft und einzigartig in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg gewesen. Die Bediensteten der Polizei hätten nun die deutliche Erwartungshaltung an die Entscheidungsträger der Politik, dass die, aus fachlichen Gründen abgegebenen Empfehlungen des Lenkungsausschusses, auch beachtet werden.
Von den Regierungsfraktionen erhofft sich Kusterer Einigkeit, was die notwendigen Korrekturen betrifft. Insbesondere für die Fraktion der Grünen ergibt sich jetzt die Chance, die Schwächen der vom früheren Koalitionspartner zu vertretenden Polizeireform zu heilen und die Polizei aus ihrer anhaltenden Schieflage zu bringen.
Die vollzogene Polizeireform hält Kusterer persönlich für den größten Fehler, der seit Gründung des Landes im Bereich der Landesverwaltung gemacht wurde. „Hätte sich die grün-rote Regierung damals für das 18er-Modell der Grünen ausgesprochen, bestünde heute kein so gravierender Regulierungsbedarf“, so Kusterer.