Pressemeldung vom 27.06.2017


Landesregierung berät über Aufhebung des nächtlichen Alkoholverkaufsverbots
Deutsche Polizeigewerkschaft fordert Eingriffsgrundlage bei Alkoholmissbrauch auf öffentlichen Plätzen

Die baden-württembergische Landesregierung berät am heutigen Dienstag über die Aufhebung des nächtlichen Alkoholverkaufsverbots und der Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage für räumliche und zeitlich begrenzte Alkoholkonsumverbote in kommunaler Entscheidungskompetenz. Damit möchte das Kabinett einen weiteren Arbeitsauftrag aus dem Koalitionsvertrag umsetzen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft Baden-Württemberg (DPolG) unterstützt das Übertragen von Kompetenzen an die Kommunen, Alkoholkonsumverbote aussprechen zu können. Gleichzeitig warnt der stellvertretende Landesvorsitzende Jürgen Engel vor der Aufhebung des nächtlichen Alkoholverkaufsverbotes. „Alkohol ist im wahrsten Sinne ein Brandbeschleuniger bei Gewaltdelikten. Wer sich die Polizeiliche Kriminalstatistik 2016 für Baden-Württemberg anschaut, stellt fest, dass Gewalttaten gegen Polizeibeamte, mit über 4.400 Taten und über 2.000 verletzten Kolleginnen und Kollegen, auf einem historischen Höchststand angekommen sind. In Stuttgart standen 65% der Angreifer unter Alkoholeinwirkung.

Auch bei allen anderen geklärten Gewalttaten in Stuttgart waren die Täter in 37% der Fälle alkoholisiert. Dies ist ein doppelt so hoher Wert, wie bei der Gesamtkriminalität (ca. 18%). Festgestellt hat man auch, dass eine Häufung der Gewalttaten vor allem zwischen 23 und 5.00 Uhr liegt – also genau in dem Zeitraum, der vom Verkaufsverbot abgedeckt ist (22-05 Uhr).

Die Experten der Deutschen Polizeigewerkschaft haben sich bewusst die Zahlen und Entwicklungen in der Landeshauptstadt angeschaut, da Stuttgart im Städtevergleich im Mittelfeld liegt. In Mannheim, Karlsruhe oder auch Freiburg herrschen sicherlich noch extremere Zustände. Gestrige Meldungen aus dem Polizeipräsidium Karlsruhe zeigen die täglichen Gewaltexzesse unter Alkohol deutlich auf und sollten den Entscheidungsträgern Beispiel genug sein, am Alkoholverkaufsverbot festzuhalten. In Gondelsheim hatte ein alkoholisierter Mann zunächst seine Frau verprügelt und anschließend mehrere Polizeibeamten angegriffen. Dabei fügte er einem Beamten Schnittverletzungen im Gesicht zu. Am Wochenende attackierten mehrere jugendliche Mädchen, ebenfalls im alkoholisierten Zustand zunächst andere Mädchen. Anschließend trat eines der Mädchen einen einschreitenden Polizeibeamten so heftig, dass dieser starke Prellungen erlitt.

„Wer das Verkaufsverbot aufhebt und die Verfügbarkeit von Alkohol rund um die Uhr ermöglicht, trägt für einen zukünftigen Anstieg dieses negativen Trends Mitverantwortung“, so Engel weiter. Die DPolG setzt deshalb auf das Festhalten am nächtlichen Verkaufsverbots, damit die jetzt schon alarmierenden Zahlen nicht noch weiter steigen.

„Mit den Jugendschutzbestimmungen werden junge Menschen sinnvoller Weise zur späten Stunde aus den Lokalitäten verbannt. Wenn es allerdings an der Tanke nebenan wieder unbegrenzt Alkohol geben sollte, werden zusätzliche Brennpunkte geschaffen, an denen die Polizei wieder Mal für die Fehlentscheidungen der Politik einstehen muss“, lautet das Fazit von Engel.